Sterbende Lobau: Warum sachlich, wenn’s unlogisch auch geht?

Diplomkaufmann Hans Schmid ist engagierter Anrainer der Lobau – viele Jahre in Groß-Enzersdorf, nun in Aspern. Er hat den Niedergang, die Austrocknung und Verlandung der Landschaft über Jahrzehnte fassungslos selbst erleben müssen. Bis zu jenem Zeitpunkt, als er sich zu fragen begann, warum die Stadt Wien eigentlich nichts dagegen unternehmen kann.

Fortan wurde er tätig. Er korrespondierte und telefonierte mit Behörden, mit den zuständigen Magistratsabteilungen, mit Fachleuten von den Universitäten, mit Anglern, Naturschützern und Nachbarn.

Die Befunde waren zunächst verwirrend, dann aber wiederum ziemlich klar. Nun hat sich Hans Schmid seine Erkenntnisse erstmals von der Seele geschrieben:

Warum sachlich, wenn’s unlogisch auch geht?

Der 22. Februar 2010 hatte das Zeug, für die Untere Lobau ein Freudentag zu werden.

Mit diesem Datum wurde seitens der Wiener Wasserrechtsbehörde MA58 per Bescheid öffentlich kundgetan, dass nicht nur die Obere Lobau, sondern auch die Untere Lobau von Stadlau her über das Mühlwasser mit Wasser aus der Neuen Donau versorgt werden darf.

Für die nächsten fünf Jahre sollte so, zunächst als Versuch, der dramatisch drohenden Austrocknung und Verlandung entgegengewirkt werden.

Im Bescheidtext war zu lesen, dass damit nicht nur der notleidenden Aulandschaft im Nationalpark endlich entscheidend unter die Arme gegriffen werden sollte, darüber hinaus werde damit auch die Qualität der Trinkwasserreserven des Lobauer Grundwasserwerks (man beachte:) entscheidend verbessert!

Aber leider kam es ganz anders.

Dadurch, dass die zuständige MA45 (Magistratsabteilung „Wiener Gewässer“) ihrer Pflicht einer ständigen Säuberung der Wasserrinnen nicht ausreichend nachkam, bewirkten natürliche Ablagerungen im Mühl- und Tischwasser einen Rückstau des von Stadlau einfließenden Wassers. 

Nun fürchtete man, dass durch eine weitere Erhöhung der Wassermengen aus der Neuen Donau am Biberhaufen Wohnkeller von Anrainern vernässt werden könnten. Eine sogenannte Dotation der Unteren Lobau kam aus diesem Grund gar nicht erst ins Laufen.

Fünf Jahre nach dem vermeintlichen Freudentag, also im Jahr 2015, lief die behördliche Dotationsfreigabe für die Untere Lobau wegen Erfolglosigkeit unbeachtet einfach aus.

Zur gleichen Zeit, also ebenfalls 2015, stellte das Hydrologie-Institut der Technischen Universität Wien in einer Modellrechnung fest, dass jegliches neu zugeführte Wasser das Lobauer Trinkwasserreservoir eventuell (man beachte:) hygienisch verschlechtern könnte!

Damit setzte, angeführt von der MA31 (Magistratsabteilung „Wiener Wasser“), in der Wiener Regierungsmannschaft wie aus dem Nichts eine regelrechte Psychose um eine mögliche Gefährdung der Wasserversorgung ein.

Einem völlig risikolosen Realversuch in der Praxis, inwieweit die neue eigentümliche Angst vor Keimen und Verschlechterung denn überhaupt berechtigt ist, erteilt die Stadt in Einigkeit mit der MA31 seit sieben Jahren eine stereotype Abfuhr: Es sei zu teuer und – so ließe sich mutmaßen – könnte sich ja die Hilfeverweigerung für die Lobau unter Einsatz des Trinkwasserschmähs womöglich als peinlicher Irrtum herausstellen.

Noch dazu, wo gelegentliche Donau-Hochwässer mit Überschwemmungen der Brunnen keineswegs zu einer Beeinträchtigung des Grundwassers zu führen scheinen.

Wenn die Wasserversorgung der Metropole Wien eine hygienisch derart grenzwertige Problematik ist, dann wäre die bisher ebenso abgelehnte Anschaffung einer entsprechenden Aufbereitungsanlage wohl schon allerhöchstnotwendig gewesen. Oder bewegt sich hier die Wiener Stadtregierung sogar auf fahrlässigem Terrain?

Also was jetzt? Warum sachlich sein, wenn’s unlogisch auch geht?

Kommentare

  • <cite class="fn">Helmut Sattmann</cite>

    Danke für diese kompakte Zusammenfassung einer unlogischen und fahrlässigen Untätigkeit der Stadt Wien. Oder hats doch eine Logik? Etwa im Beharren auf die Lobauautobahn?

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